Stellungnahme der BI „Endlich Wasser ins Sachsenbad“
Wir beginnen mit der Frage von Marianne S. zur Einwohnerversammlung zum Sachsenbad am Montag, 16. November 2020, die uns vorliegt. Sie lautete:
„In der Ausstellung des Dresdner Stadtmuseums „Dresdner Moderne 1919 bis 1933“ wurden die bedeutenden Innovationen dieser Zeit gewürdigt. Das Sachsenbad war zentraler Ausstellungsgegenstand und exemplarisch für das Spannungsfeld, das in der Ausstellung sehr gut aufgezeigt wurde. Warum gehört dieses Bauwerk nicht zum baulichen Erbe dieser Stadt, für das der Stadtrat Verantwortung übernimmt? Es erschließt sich einfach nicht.
Warum wird mit diesem Denkmal „Sachsenbad“ anders umgegangen als mit dem Kraftwerk Mitte, dem Kulturpalast, dem Stadtmuseum oder auch den denkmalgerecht sanierten Schulbauten von Hans Erlwein?
Hinsichtlich der Nutzung ist es doch viel naheliegender als eine Operette in einem ehemaligen Kraftwerk. Der Bedarf eines Schwimmbades ist mindestens so unbestritten wie der einer Operette. Für Kinder und Jugendliche ist ein Schwimmbad in erreichbarer Lage zum Schwimmen lernen sogar lebensrettend.“
1000 Zeichen hatte die Eingabemaske, in der man seine Frage eingeben konnte. Von den 912 gerade vorgetragenen Zeichen wurde in der Veranstaltung am Montag 193 Zeichen vorgetragen – nur der Fragesatz.
Nach Sächsischer Gemeindeverordnung §22, Abs. 4 sind Vorschläge und Anregungen der Einwohnerversammlung innerhalb von drei Monaten von dem zuständigen Organ der Gemeinde zu behandeln. Vorschläge und Anregungen wurden zumindest in der Veranstaltung am 16.11.2020 live gar nicht berücksichtigt, nur „Fragesätze“ wurden vorgetragen. Wir sind gespannt, wie das alles im Weiteren behandelt werden wird und wie das in den Zeitplan passen soll!
Die oben zitierte Frage wäre in dem gestellten Kontext am besten von der Bürgermeisterin Annekatrin Klepsch, Geschäftsbereich Kultur, beantwortet worden. Diese saß nicht einmal auf dem Podium. Auch Bürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, bei der der Bereich Gesundheit angesiedelt ist, saß da nicht – und der Stadtrat hatte doch die Vorzugsvariante „Gesundheitsbad“ beschlossen.
Weil bei der Einwohnerversammlung nur Herr Bürgermeister Lames auf dem Podium saß, konnte er seine, seit Jahren bekannten, finanz- und sportpolitischen Argumente wieder und wieder erzählen. Dass es sich bei der Revitalisierung des Sachsenbades aber um eine kulturpolitische Entscheidung, wie bei der Operette, oder gar um eine gesundheitspolitische Entscheidung handeln könnte, kommt ihm nicht den Sinn. Muss es auch nicht, denn der Dresdner Stadtrat entscheidet!
Der Stadtrat trifft neben vielen anderem auch kultur- und gesundheitspolitische Entscheidungen. Er entscheidet, dass eine Stadtbibliothek im Denkmal in der Innenstadt besser aufgehoben ist als in einem kostengünstigen Neubau am Stadtrand und eine Operette im Kraftwerk Impulsgeber sein könnte, für die Entwicklung einer innerstädtischen Brache.
Diese Entscheidungen trägt finanziell die Dresdner Stadtgesellschaft. Eine kinderreiche Familie in Pieschen zahlt über ihre Steuern die Betriebskosten der Operette mit, obwohl sie sich kaum eine Karte für die Operette leisten wird, bevor nicht der Fussballverein für die Kinder bezahlt ist.
Aber das ist Stadtgesellschaft! Sie funktioniert im gesamten, sie muss solidarisch sein und muss deshalb öffentlich ausgehandelt werden. Und niemand muss für eine städtische Schwimmhalle Spenden sammeln gehen! Dazu hatte sich Herr Hilbert am Montag verstiegen. Sollen die Pieschner Kinder jetzt ihren Euro Taschengeld in den Klingelbeutel werfen? Wie absurd!
Gesammelt wird für´s Sachsenbad seit über zehn Jahren: Unterschriften für die Sanierung, Unterschriften für ein Gesundheitsbad, Unterschriften für ein Bürgerforum. Da geht es nicht um Geld, sondern um Beteiligung. Stadtpolitik hat etwas mit Finanzen zu tun, aber sie ist nicht käuflich und darf es auch nicht werden! Die Einwohner*innen in Bühlau zahlen den gleichen Eintrittspreis für eine städtische Schwimmhalle wie irgendwann auch die Pieschner. Mehrkosten für die Operette im Kraftwerk wurden auch nicht bei den Operettenliebhaber*innen der Stadt eingesammelt, der Unterhalt einer Straße zum Fernsehturm wäre auch von denen zu tragen, die keine 10 EURO für eine Fahrt nach oben haben werden oder einfach kein Auto besitzen und daher zu Fuß kommen!
Das Sachsenbad ist –neben dem fantastischen Bad im Zschoner Grund – das Schwimmbad, für das Bürger*innen bereits seit Jahren ihre Freizeit aufwenden, nicht um zu schwimmen, sondern weil sie sich bei allem was geht, beteiligen: Bürgerfragestunde, Zukunftsstadt, Kulturhauptstadt, öffentliche Veranstaltungen, offenes Rathaus, Stadtteilrunden, Tag des offenen (geschlossenen) Denkmals…. Immer steht das Sachsenbad ganz oben, nicht als irgendwas, sondern als Schwimmbad!
Es gibt eine Bürgerinitiative, deren Mitglieder jahrelang Zeit und private Mittel aufwenden, auf der Straße stehen und informieren, einen Dialog zwischen den Generationen organisieren, Fachgespräche durchführen und tausende Bürger*innen animieren und darin unterstützen, ihrer Herzensangelegenheit „Sachsenbad“ Gehör zu verschaffen.
Wir können die Heuchelei nicht mehr hören!
Oh, wie schade: Kein Angebot für privates Gesundheitsbad liegt auf dem Tisch? Alle im Dresdner Stadtrat wissen, dass Eintrittspreise eines privat geführten Schwimmbades von den wenigstens Dresdner Bürgerinnen und deren Kinder bezahlt werden könnten. Die, die das vielleicht könnten, leben nicht in Pieschen. Wer Pieschen nicht kennt und das nicht glaubt: Ein Blick in die Statistik würde es verraten.
Oh, wie schrecklich! Das Sachsenbad ist baulich in einem schrecklich schlechten Zustand. Die, die das beklagen, waren und sind als Vertreter*innen der Stadt Dresden nach Sächsischem Denkmalschutzgesetz verpflichtet, das denkmalgeschützte Gebäude zu erhalten und Schaden von der denkmalgeschützten Bausubstanz abzuwenden. Die Stadt müsste sich eigentlich längst selbst angezeigt haben!
Jetzt bremst die Corona-Pandemie das erste Bürgerforum nach Bürgerbeteiligungssatzung aus, verhindert die satzungsgemäße Durchführung. Allerdings scheint es auch Gewinner dieser Pandemie zu geben. Corona hält der Stadtverwaltung und der Politik die Bürger*innen dieser Stadt vom Leib. Digitale Einwohnerversammlung, wie praktisch! Bürgerforum für´s Sachsenbad unter Pandemie-Bedingungen nicht durchführbar, wie praktisch! Da kann keiner widersprechen, keine Unwahrheit vom Podium richtigstellen, keiner auch nur ein einziges inhaltliches Argument zu Gehör bringen. Wie bequem.
Die Einwohnerversammlung hat klar gemacht – viele Dresdner*innen lehnen den Verkauf des Sachsenbades ab. Es gab in der digitalen Einwohnerversammlung keine Stimme aus der Bürgerschaft, die den Verkauf begrüßt hätte.
Wir fordern den Dresdner Stadtrat auf:
- Kein Verkauf des Sachsenbades!
- Sofortige Notsicherung des Gebäudes noch vor dem Winter!
- Bürgerforum zur Zukunft des Sachsenbades, sobald die Coronalage einen tatsächlichen Austausch von Bürger*innen und denen, die die politische Verantwortung tragen, zulässt, und zwar auf Augenhöhe!
Dresden, November 2020
Bürgerinitiative „Endlich Wasser ins Sachsenbad“