Eine Zeitreise

Das Sachsenbad in Dresden-Pieschen fristet heute – leerstehend und dem Verfall preisgegeben – sein Dasein. Aus bautechnischen Gründen wurde das Sachsenbad 1994 geschlossen – wohl in der Absicht, es nach einer umfassenden Sanierung wieder zu eröffnen. Diese steht bis heute aus!

Seit Jahren bemühen sich engagierte Bürgerinnen und Bürger in der Initiative „Endlich Wasser ins Sachsenbad!“ des Vereins Pro Pieschen e.V. Befürworter/-innen unter den verantwortlichen Politiker/-innen zu gewinnen, Argumente für den Standort Sachsenbad zu sammeln und die Sanierung und Wiedereröffnung des Sachsenbades zu erreichen.

Die Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest hat sich mit der Geschichte des Sachsenbades befasst und verfolgt seit seiner Schließung die Diskussion um Erhalt und Wiedereröffnung.

Nachfolgend ein Ausschnitt dieser Recherchen. Allen, die dies unterstützt haben und daran beteiligt waren – herzlichen Dank!

Beginn

Am 7. Juli 1927 wurde durch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dresden der Bau eines Volksbades im Dresdner Nordwesten beschlossen und die Summe von 1,35 Mio RM zur Verfügung gestellt. Mit der Planung des Sachsenbades wurde der damalige Stadtbaurat Paul Wolf (1879 – 1957) beauftragt. 1928 wurde mit dem Bau des Volksbades Dresden-Nordwest in der Wurzener Straße in Dresden-Pieschen, später auch Sachsenbad genannt, begonnen. Am 2. November 1929 fand die Einweihung des Volksbades statt.
Mit dem Bau wurde die neuesten Erfahrungen auf dem Gebiet des Bäderwesens berücksichtigt und einem dringenden Bedarf entsprochen, der sich aus der großen Bevölkerungsdichte des Stadtteils und den schlechten Wohnbedingungen entwickelt hatte. Das Sachsenbad besaß eine Dampfbadeabteilung, 33 Wannenbäder, 14 Kurbäder, 2 Sitzbäder, 16 Brausebäder sowie einen Gymnastiksaal. Die Kurbadeabteilung stand unter der Leitung eines Arztes. Das Bad wurde mit einem Schwimmbecken von 25m x 11m eine der größten Schwimmhallen Dresdens. Bei sportlichen Veranstaltungen bot es auch Zuschauern und Zuschauerinnen Platz.

Das Baugelände lag am Rande des gründerzeitlich geprägten Stadtteils in der Nähe des alten Dorfkerns von Pieschen und bestand aus Schrebergärten und Ackerland. Der Hauptzugang zum Hallenbad erfolgte von der Wurzener Straße aus. An der östlichen Längsseite des Bades wurde in Verbindung mit einem Wohngebäude und der Stadtteilbibliothek in dessen Erdgeschoss ein räumlich gefasster Platz mit Schmuckanlagen und einem Kinderspielplatz angelegt. Gegenüber entstand als Teil des städtebaulichen Ensembles ein moderner Wohnblock von Hans Richter (1882-1971), einem der bedeutensten Architekten der sachlichen Moderne in Dresden.

Die äußere Erscheinung des Hallenbades folgt einer einfachen kubischen Form mit einem für das markante Oberlicht der Schwimmhalle ausgebildeten, abgetrepptem Dachaufbau. Die Fassaden wurden mit Kratzputz versehen, für Sockel, Haupteingang, Fensterumrahmungen, Gesimse usw. wurde Kunststein verwendet. Die Fenster wurden regelmäßig und durchgängig gereiht und charakteristisch für ein Badehaus als Kippflügelfenster ausgebildet. Die eigentliche Schwimmhalle wird durch den Dachaufbau besonders betont. Äußerlich auffallend ist auch der nach Art von Wasserhochbehältern aus der Gebäudemasse herausgezogene Raum für die Unterbringung der Kalt- und Warmwasserbehälter mit je 30 Kubikmetern Fassungsvermögen im Dachgeschoss. Um das Bad wirtschaftlicher zu gestalten, wurde zudem ein Brunnen gebohrt.

Jahre der Nutzung

Ab den 1930er Jahren fanden im Sachsenbad außer dem täglichen Badebetrieb auch Veranstaltungen und Sportwettkämpfe statt.Nach der Zerstörung der Dresdener Innenstadt am 13./14. Februar  1945 richtete die Deutsche Post als Ersatz für das beschädigte Postscheckamt am Postplatz im September 1945 operativ einen Filialbetrieb in den Räumen des unzerstörten Sachsenbades ein, der Anfang 1947 in das zentral gelegene Gebäude der Sozialversicherungskasse am Sternplatz umzog.

Anfang der 1950er Jahre wurde das Sachsenbad wieder seiner alten Bestimmung übergeben. Da das größte und modernste Hallenbad der Stadt, das Güntzbad 1945 zerstört wurde, konzentrierte sich alles auf das Sachsenbad. Im Jahre 1967 konnte das Sachsenbad jährlich über 300.000 Besucher begrüßen. Täglich wurden durchschnittlich 10-13 Tonnen Rohbraunkohle (im Winter bis zu 20 Tonnen) verheizt.

Nach Sturmschäden wurde im Winter 1972/73 das Bad wegen Renovierung geschlossen. Die vier Kessel für Siebkohlefeuerung machten Platz für sechs Niederdruckkessel. Diese wurden mit festen Brennstoffen, wie Koks und Briketts, gespeist und belasteten die Umwelt weitaus weniger als die alte Anlage. Am 5. März 1973 wurde das Sachsenbad wieder eröffnet.

In den 1980er Jahren wurden abschnittsweise die einzelnen Bereiche hinsichtlich der Ausstattung saniert. Der fertiggestellte Wannenbäderbereich konnte 1983 wieder zur Nutzung übergeben werden.

1986 wurde die Schwimmhalle mit einem öffentlichen Badeball wieder eröffnet. Im Jahre 1987 wurde die Erneuerung des Irisch- Römischen Dampfbades abgeschlossen und die Bowlingbahn fertiggestellt. Es entstanden neben dem Schwimmbecken weitere Möglichkeiten: Tischtennis, Kegelbahn, Solarium. 1989 wurde die Neugestaltung des Foyers abgeschlossen. Insgesamt wurden über 3,5 Mio Mark in dieser Zeit für die Rekonstruktion des Sachsenbades aufgewendet. Eine grundlegende konstruktive und haustechnische Sanierung fand jedoch nicht statt.

1991 wurde das Heizhaus auf Ölfeuerung umgestellt. Das Wasser ließ sich nun auf mehr als 30°C erwärmen, was für das Kinder- und Schwangerenschwimmen von Bedeutung war. An zwei Abenden der Woche stand das Hallenbad FKK-Freunden zur Verfügung. Im Haus befanden sich zeitweilig ein privat betriebener Imbissstand und eine Videothek.

Drei Badehosen für das Sachsenbad in Pieschen

Am 26. Oktober 1992 beschreibt ein Artikel in der Morgenpost die Situation des Sachsenbades wie folgt und vergibt in einer vergleichenden Bewertung der Dresdner Schwimmbäder drei von fünf „Badehosen“:

„Das Bauhausgebäude zeigt sich außen grau in grau. Duster auch die Vorhalle. Schön dagegen die Balustrade und Säulengang. Leider stehen hier keine Liegestühle – sonst könnte man herrlich abspannen. Im 25-Meter-Becken tummeln sich die Kinder, können wild planschen. Das ist ganz schön laut, stört aber niemanden. … Sauber, aber sanierungsbedürftig sind Römisches Bad und Sauna. In den Duschen stinkt es penetrant nach Klostein, auch hier Sanierungsbedarf.Nachteilig die Umkleidekabinen. Von der Straße aus haben Fußgänger freie Sicht auf die Nackedeis. Keine Einzelkabinen, dafür hängen die Kleiderhaken tief. Das ist kinderfreundlich. Dagegen wenig kundenfreundlich: Kein Imbiss, keine Getränke. … Die Sanierung des Sachsenbades steht schon vor der Tür. 1993 soll es für mehrere Millionen Dresdens schönstes Bad werden.“

Anfang Dezember 1992 wurde im Stadtrat der Stadt Dresden beschlossen, das Sachsenbad mit einem Aufwand von 28 Mio DM zu sanieren. Wegen größerer Mängel stiegen diese Kosten jedoch auf über 40 Mio DM.

Im Juni 1993 wurden die Gesamtkosten von ca. 43 Mio DM wurden auf 36,2 Mio DM gekürzt. Im Juli 1993 wurde vom Unterausschuss Bauund Bauplanungsfragen einer Beschlussvorlage für den Umbau und die Modernisierung des Sachsenbades zugestimmt. Diese wurde jedoch von Stadtrat abgelehnt. Seit 1994 ist das Sachsenbad geschlossen.

 

So könnte es gehen

Revitalisierung Sachsenbad
Das Dresdner Bad für Gesundheit und Hydrotherapie

Das historische Sachsenbad – Baudenkmal und wichtiger Teil eines städtebaulichen Denkmalensembles – soll als städtisches Bad für Gesundheit und Hydrotherapie revitalisiert werden und kann mit diesem besonderen Profil eine Angebotslücke in der Dresdner Bäderlandschaft überzeugend schließen. Während in anderen Bädern wie im Arnoldbad Saunabereiche aufwendig nachgerüstet werden, stehen im Sachsenbad Flächen ehemaliger Wannen- und Duschbäder für Gesundheit, Therapie
und Wellness zur Verfügung. Neben Sauna, Kneipp-Anwendungsräumen, Wickel- und Packungsraum sowie Unterwassermassage könnte die Einordnung eines Pflegebades älteren und behinderten Bürgerinnen und Bürgern medizinische und Reinigungsbäder ermöglichen.
Der kompakte Baukörper und dessen innere räumliche Struktur ermöglichen einen energetisch wirtschaftlichen Betrieb. Das räumliche Potenzial des Sachsenbades wird in der vorliegenden STESAD-Studie überzeugend nachgewiesen. Die mögliche Einordnung der Umkleide- und Sanitäranlagen des benachbarten Sportplatzes dient der effektiven Entwicklung der städtischen Liegenschaft. Die im Rahmen des EFRE-Gebietes Dresden-Pieschen 2015-2020 realisierte Fernwärmeversorgung, ermöglicht die Anbindung an das Fernwärmenetz und damit wird ein energetisch hervorragender Standard erreicht. Zudem
wird die Fläche des Heizkraftwerkes frei und steht für die Entwicklung des Bades zur Verfügung. Mit den Straßenbahnlinien 13, 9 und 4 sowie die Buslinien und die S-Bahn ist das Bad sowohl mit dem Dresdner Nordwesten und darüber hinaus mit der Gesamtstadt und dem Umland hervorragend vernetzt. Neben den im unmittelbaren Umfeld liegenden Bedarfsträgern wie Kitas, Schulen, dem nahen Krankenhaus Neustadt, dem benachbarten Ärztehaus Mickten oder dem Berufsbildungszentrum für Soziales profitiert von diesem Standort die Gesamtstadt. Mit dem besonderen Profil für Gesundheit und Hydrotherapie würde das ehemalige Volksbad wie zu seiner Entstehungszeit zu einem Zeugnis sozialer und kultureller Verantwortung wie auch stadtpolitischer Weitsicht.

Zum Glück ein Denkmal!
Für die Finanzierung kommt insbesondere dem hohen Denkmalwert des Sachsenbades und dem städtebaulichen Gesamtensemble eine herausragende Rolle zu. Nur für ein Denkmal, zudem mit dem sozialpolitischen Schwerpunkt „Gesundheit und Hydrotherapie“, ist es überhaupt denkbar, Fördermittel des städtebaulichen Denkmalschutzes und/oder Fördermittel des Programms „Soziale Stadt“ zu erhalten. Die notwendige Investitionssumme für die Stadt Dresden könnte dadurch entscheidend reduziert werden. Trotz der deutlich höheren Investitionskosten für die Sanierung wäre das Sachsenbad durch diese Fördermöglichkeiten für den Haushalt der Stadt eine geringere Belastung als jeder andere Badneubau. Um dieses Ziel bis 2020/21 zu verfolgen, sind
schon heute die strategischen Beschlüsse des Stadtrates notwendig. Als Grundlage dafür ist durch die Dresdner Bäder GmbH das denkmalgeschützte Sachsenbad in das mittel- und langfristige Bäderkonzept 2020+ mit seinem sozialen Schwerpunkt „Gesundheit und Hydrotherapie“ aufzunehmen.

Schwimmen im Dresdner Nord-Westen
Bedingt durch seine besonders hohe Besiedlungsdichte, dem höchsten Anteil junger Familien mit kleinen Kindern und einem Einzugsgebiet von 200.000 Einwohnern/-innen besteht im Dresdner Nord-Westen die zwingende Notwendigkeit einer Einrichtung wie das Sachsenbad mit dem entsprechenden Nutzungsprofil. Die einzige im Dresdener Nord-Westen gegenwärtig genutzte Schwimmhalle in Dresden-Klotzsche leidet seit Jahren unter einem grundlegenden Sanierungsbedarf. Zusammen mit einer Turnhalle und einem Sportplatz wurde sie als Teil der NS Luftkriegsschule 1935 errichtet. Als Gesamtensemble steht die Anlage unter Denkmalschutz. Schwimmhalle, Dreifachturnhalle und Sportplatz werden durch die Dresdner Bäder GmbH betrieben. Umfangreiche Investitionen in diese Schwimmhalle können nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für die Liegenschaft erfolgen, wobei Flughafennähe und die periphere Lage zu berücksichtigen sind. Bevor der Betrieb der Schwimmhalle Klotzsche wegen des baulichen Zustandes eingestellt werden muss, ist im Dresdner Nord-Westen eine neue Schwimmhalle dringend notwendig, die bisher in keinem Konzept Berücksichtigung findet. Ohne Grundstückskosten ist mit mind. 10 Mio. EUR Baukosten zu rechnen, um ein Bad wie die gerade fertiggestellte Schwimmhalle Bühlau zu errichten. Der Standort einer „Schwimmhalle Nord-West“ müsste möglichst zentral im Versorgungsgebiet bzw. Haupteinzugsbereich liegen – wie das Sachsenbad eben.

Dresdner Bäder GmbH
2012 wurde vom Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden die Dresdner Bäder GmbH als Tochterunternehmen der Technischen Werke Dresden GmbH (TWD) gegründet. Sie betreibt bzw. verwaltet die derzeit 15 Bäder der Stadt Dresden. Entsprechend der Eigendarstellung liegt die Aufgabe der Dresdner Bäder GmbH darin, „die dauerhaften und bedarfsgerechten
Leistungen für alle Nutzergruppen (Einwohner/-innen, Gäste der Stadt, Schulklassen und Sportvereine) anzubieten und die erforderlichen baulichen Investitionen an den Bädern durchzuführen. Neben den bestehenden Frei- und Schwimmbädern werden auch Neubauten … geplant und realisiert.“(vgl. http://dresdner-baeder.de/, aufgerufen am 1.10.2015). Öffentliche Bäder sind als soziale Infrastruktur in der Regel auf eine Bezuschussung angewiesen. Dennoch liegt das Interesse notwendiger Weise auch auf einem möglichst wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb der Einrichtungen. Bis 2019 stellt der Mutterkonzern, die Technischen Werke Dresden (TWD) lt. Medienberichten von den geplanten 60 Mio. Euro für Investitionen rund 46 Millionen Euro Kapital und Darlehen für die Dresdner Bäder zur Verfügung (SZ v. 6.2.2015). 2016/17 werden in das Georg Arnold Bad 7,5 Mio EUR investiert (SZ v. 6.2.2015). Für die Schwimmhalle Prohlis ist mittelfristig ein Ersatzneubau angedacht. Erst mit Fertigstellung der Schwimmhalle Dresden Bühlau, der Erweiterung/Sanierung des Schwimmsportkomplexes Freiberger Straße und der Sanierung des Arnoldbades kann ab 2018/2019 das Sachsenbad in Angriff genommen werden. Nach 2018 kann und muss im Bereich städtische Bäder im Dresdner Nord-Westen investiert werden. Aber um dann auf Fördermittel zurückgreifen zu können, müssen heute die stadtpolitischen Weichen gestellt werden.

Am 11.09. von 11 bis 14 Uhr fand der Tag des offenen Denkmals auch am Sachsenbad statt

Am 11. September luden wir vor das Sachsenbad von 11 bis 14 Uhr ein. Wir informierten wie das Sachsenbad wieder zum Bad werden könnte und damit ein Stück bedeutende Baukultur erhalten bleibt. Danke für den Zuspruch und die Unterstützung!